Zagreb ›› Belgrad
28. August 2025
Mit dem Zug nach Serbien zu gelangen sollte mehr Gehirnschmalz erfordern als gedacht. Da Serbien mit so gut wie keinem seiner Nachbarländer gut klarkommt, sind spätestens seit Corona die internationalen Zugverbindungen eingestellt worden. Somit standen wir vor der Herausforderung von Kroatien irgendwie in dieses mit dem Zug unerreichbare Land zu gelangen. So blieb uns nichts anderes übrig, als diese Strecke mit dem Bus zu bewältigen. Frustrierend in der Hinsicht, da wir eigentlich mit nichts anderem als Zügen die Strecken bewältigen wollten. Aber Serbien ließ uns keine Wahl. Es wäre theoretisch noch ein EuroCity Zug von Zagreb an die Kroatisch-Serbische Grenze gefahren, diesen Zug entdeckten wir jedoch erst als wir die Bustickets bereits hatten. Außerdem hätten wir dann immernoch mit dem Bus von der Grenze nach Belgrad gemusst. Naja. Der Bus ab Zagreb war immerhin pünktlich, die beiden Fahrer ausgeschlafen und die Fahrt unspektakulär. Die Grenze war in Richtung Serbien schneller bewältigt als angenommen. Auf der Gegenfahrbahn war dagegen kilometerlanger Stau. So waren wir innerhalb von 30 Minuten aus Kroatien ausgereist und nach Serbien eingereist. Top. Zwei Stunden nach der Grenze waren wir sogar vor Fahrplan in Belgrad. Schon kurz nach der Autobahnausfahrt kam der jugoslawische Charme einem entgegen. Herrlich deprimierende Gebäude, Landesflaggen an jedem Straßenmast und zwischendurch prunkvolle Bauten, die nicht in das Gesamtkonzept passten. Am Busbahnhof fiel erstmal mein Internet aus, welches ich brauchte um uns zum Hostel zu navigieren. Aus dem Nichts tauchte jedoch irgendein Wlan Signal auf, welches uns aus der prallen Sonne rettete. Das tolle an Belgrad: Der ÖPNV ist kostenfrei. Einfach einsteigen und los gehts. Daran gewöhnten wir uns schnell. Unser Hostel war ein Hausboot mit schwimmender Terrasse. Eigentlich fuhr hier ein Bus direkt vor die Haustür, jedoch hatten wir das Glück, dass während wir hier nächtigen sollten, ein großes Festival im Park neben dem Hostel aufgebaut war. Somit fuhr unser Bus nicht direkt zum Hostel und wir mussten um das komplette Festivalgelände herumtigern, bis wir einen Weg zum Hostel fanden. Hatte man den Weg einmal gefunden, war es kein Problem. Da das Hostel auf der Donau schwam, dachten wir erst: Ui, hier kann man doch bestimmt reinspringen und sich abkühlen. Nach näher Betrachtung stellten wir jedoch heraus, dass die Wasserqualität eher was von einem Tümpel hatte. Nach kurzer Recherche stellte sich auch heraus warum. Belgrad ist zwar eine Millionenstadt, aber ohne Kläranlage. In der Donau zu schwimmen hatte sich somit erledigt. Alle unsere Sachen abgelegt, machten wir uns am Abend noch auf den Weg zu einem netten Café in der Stadt, wo wir uns noch mit einer Freundin trafen, welche zufällig auch in der Stadt war. Apropos Stadt. Wenn man sich über diese Stadt zu sehr informiert, wie ich es während der Busfahrt getan habe, begegnet man einigen, die einen den Besuch dieser Stadt abraten. Es gäbe zu viele Demonstrationen mit Gewalt, die Polizei sei korrupt und allgemein sei die Spannung im Land hoch. Gerade vor zwei Monaten war hier noch ordentlich Dampf im Kessel. In der Zeit wo wir hier waren, war jedoch alles ruhig, wir hielten uns von Universitäten fern, welche in der Vergangenheit öfters Keimzelle der Proteste gegen die Regierung waren. Desweiteren machten wir um Militärpräsenz einen weiten Bogen und Polizisten begegneten wir mit höflichem Desinteresse. Der Grund warum der ÖPNV kostenfrei ist: Angeblich um die Bevölkerung zu beruhigen, spannendes Konzept. 
Folgende Bilder wurden von Anthea aufgenommen. Ich widme mich momentan meiner analogen Kamera.
29. August 2025
Belgrad
Ein Festival in unmittelbarer Umgebung zur Unterkunft hat den Nebeneffekt, dass man das Konzert quasi in voller Lautstärke mitbekommt. Die dünnen Wände des Hausboots waren da keine Hilfe. So war Einschlafen erst ab 1 Uhr möglich, wenn der letzte Musik-Act durch war. Machste nix. Am nächsten Morgen waren wir dementsprechend müde und nahmen erst einmal in aller Gemütlichkeit unser Frühstück auf der Veranda zu uns. Heute sollte es nochmal mit circa 36 °C ordentlich heiß werden, aber es wehte immerhin ein stetiger Wind, welcher die Hitze erträglich machte. Auch die Aussichten, dass es Richtung Bulgarien und Türkei kühler werden würde, stimmte uns optimistisch und so ertrugen wir noch einmal die letzte Hitze. Nach dem Frühstück ging es wieder mit dem Bus in die Altstadt. Hier gab es neben Häuserwracks, sowjetischen Hochhäusern und Bauruinen auch vermehrt prunkvolle Gebäude. Im großen und ganzen ist es aber keine schöne Stadt. Beim Herumlaufen fällt vor allem auf, wie autozentriert die Stadt ist. Nach Städten wie Ljubljana und Wien, welche die Autos eher aus der Innenstadt verdrängen, legte sich in Belgrad schnell der Smog in die Atemwege. Die Busse wechseln ab zwischen modernen Elektrovarianten und alten, klappernden und optisch komplett abgerockten Wägen. Ganz nach dem Motto: Hauptsache es fährt. Aber ganz überraschend sahen wir in der Stadt immer wieder uralte schnuckelige Trams durch die Straßen sausen. Diese Dinger waren ähnlich optisch verkommen wie die Busse, aber eroberten sofort unsere Herzen. Wie diese Bahnen durch die Kurven schossen war unbegreiflich. Absolutes Highlight. „Geschwindigkeitsgebote und Ampeln werden im Straßenverkehr eher als Empfehlung gesehen, kurz um, man ist schmerzlich an den Verkehr in Berlin erinnert. Was hier aber besser klappt als in Berlin: Zebrastreifen, die es sogar bei vierspurigen Hauptstraßen gibt. Jedes Mal ein kleiner Nervenkitzel, klappt aber.“ - Zitat Anthea Aufgrund der Hitze waren wir relativ schnell mit unseren Kräften am Ende. Morgen sollte es nach Bar in Montenegro ans Mittelmeer gehen, mit dem Zug natürlich. Die einzige internationale Bahnstrecke, welche Serbien aktuell zulässt. Für diese 12-stündige Fahrt kauften wir noch reichlich Wasser und Essen ein und fanden zudem noch einen dm. Außerhalb der EU. Die größte Konstante bisher im Urlaub.
Belgrad hat viele Gesichter, soweit unser oberflächlicher Eindruck. Es gibt bestimmt richtig schöne Ecken außerhalb des Stadtkerns, aber dazu hatten wir leider keine Zeit bzw. keine Energie aufgrund der Hitze. Abends waren die Straßen voller Leben und es gab mehrere Märkte wo getanzt wurde. Es war also nicht alles nur grau und heruntergekommen. Wir aßen bei einem kleinen serbischen Imbiss zu Abend, was richtig lecker war. Und günstig. Wir endeten am Donauufer und blickten bei nun angenehmen Temperaturen auf die nächtliche Stadt. Wir waren uns beide unausgesprochen einig, dass wir sehr dankbar sind, hier nicht zu leben.
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